Der Verein Jordsand ist alarmiert:
Erst Scharhörn, dann Trischen – jetzt verliert auch Norderoog seine Brandseeschwalben als Brutvogel
Ahrensburg / Norderoog, 13.06.2025. Die Vogelhallig Norderoog ist seit mehr als 100 Jahren bedeutender Brutplatz der vom Aussterben bedrohten Brandseeschwalbe im nordfriesischen Wattenmeer. Doch was lange als stabiler Brutplatz galt, ist nun verwaist. Die Livestreams des Projekts Klimahallig Norderoog zeigen eine ungewohnte Szenerie: keine brütenden Brandseeschwalben, keine Koloniegeräusche. Es ist still geworden auf der Vogelhallig. Dabei begann das Jahr hoffnungsvoll: Im März und April flogen wie üblich Brandseeschwalben über Norderoog, um ihr künftiges Brutrevier zu erkunden. Sie brüten dort für gewöhnlich gemeinsam mit Lachmöwen in großen Kolonien. Doch mittlerweile ist klar: Es fehlen tausende Brutpaare.
„Angesichts dieser Entwicklung bin ich erschrocken und in großer Sorge“, sagt Dr. Veit Hennig, 1. Vorsitzender des Vereins Jordsand. „Nachdem Mitte Mai auch die Lachmöwen ihre Brutkolonien auf Norderoog wieder verlassen haben, ist gewiss: die Brandseeschwalbe wird in diesem Jahr nicht auf Norderoog brüten.“
Eine einzelne Ursache ist nicht zu erkennen. Die Einflüsse sind so vielfältig wie die Bedrohungen, mit denen die Seevögel in ihrem Leben konfrontiert sind. In den letzten Jahren wurde Norderoog immer wieder von Sommerfluten heimgesucht, bei denen tausende Gelege zerstört wurden und Jungvögel starben. Darüber berichtete der Verein Jordsand auch in seiner Pressemitteilung vom 11.06.2024. Weiterhin fielen Brandseeschwalben und Lachmöwen der Vogelgrippe zum Opfer und Wanderratten fraßen die Eier der Seevögel. All das merken sich die Brandseeschwalben und Lachmöwen, sodass Norderoog seine Bedeutung als Brutplatz für diese Arten verliert.
Nils Bayer, Vogelwart des Vereins Jordsand auf Hallig Norderoog, beobachtet die Veränderungen aus nächster Nähe. „Ich erlebe hier die drastischen Auswirkungen der Klimakrise auf die Natur. Hart getroffen davon ist das zerbrechliche Ökosystem im Wattenmeer und auch die Vogelhallig Norderoog. Die Artenzusammensetzung befindet sich in einem massiven Wandel. Invasive Arten wie die Wanderratte erobern neue Lebensräume und Jungfische wie der Nachwuchs von Heringen bleibt aus. Dies hat Folgen für die stark bedrohten Seevögel und ist eine beunruhigende Entwicklung“, so Nils Bayer.
Dem allem zum Trotz brüten derzeit noch einzelne Paare der Küstenseeschwalbe auf Norderoog. Auch Flussseeschwalben, Silber- und Heringsmöwen können auf der Internetseite www.klimahallig.de live über fünf Webcams beobachtet werden. Das vom Land Schleswig-Holstein geförderte Projekt „Klimahallig Norderoog“ des Vereins Jordsand verfolgt das Ziel über die verheerenden Auswirkungen der Klimakrise zu informieren und aufzuklären. „Besonders jetzt ist es wichtig, den Fortbestand des Klimahallig-Projektes zu sichern, denn nur so kann der Zustand langfristig dokumentiert und erforscht werden“, so Bela Catherin Bruhn, Projektleiterin des Klimahallig Projektes.
Und es gibt Lichtblicke: Auf der benachbarten Hallig Süderoog haben in den letzten Wochen Brandseeschwalben mit der Brut begonnen und auch im niedersächsischen Wattenmeer brüten sie glücklicherweise weiterhin. Die Hoffnung bleibt, dass die Brandseeschwalben und Lachmöwen in den nächsten Jahren wieder nach Norderoog zurückkehren werden. Der Verein Jordsand gibt sein Bestes diesen einzigartigen Ort zu schützen und als Brutplatz zu bewahren.
Kontakt:
Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e. V.
Paul-August Schult
Naturschutzfachliche Leitung der Regionalstelle Nordfriesland
Telefon: 0160 5530 122
E-Mail: paul-august.schult@jordsand.de
Fotos zum Download für die Presse:
Die Fotos dürfen im Rahmen der Berichterstattung über den Verlust des Brandseeschwalben-Brutplatzes auf Norderoog unter Angabe des Urhebers verwendet werden.