Helgoland in zurückhaltender Stille

In Schleswig-Holstein ist das Besuchen der Inseln an Nord-und Ostsee momentan für Touristen nicht gestattet. Umgekehrt ist es Helgoländern*innen untersagt, die Insel zu verlassen. Ausgenommen sind Fahrten zu medizinisch notwendigen Behandlungen oder zum Aufsuchen der Arbeitsstätte auf dem Festland (Stand 17.04.2020 www.helgoland.de/infos-zur-corona-situation).

 

Glück im Unglück. Auf dieses zerschlissene Sprichwort ließe sich wohl unsere derzeitige Situation herunterbrechen. Bei all dem Unglück, den das Coronavirus auch nach Helgoland gebracht hat – interessanterweise ohne bisher selbst die Insel betreten zu haben – , können und müssen wir von Glück reden, momentan an diesem Ort zu sein. Denn wir müssen weder um unsere Existenz bangen noch unser alltägliches Leben in hohem Maße einschränken oder verzweifeln vor Langeweile.

Selbstverständlich hat sich auch unser Alltag enorm verändert – mittlerweile wird Corona jeden Menschen in diesem Land betreffen. Helgoland und auch unsere Arbeit ist geprägt vom ständigen Austausch mit Menschen. Jetzt im April fängt die Touristensaison wieder an und tausende Menschen kommen hierher, um sich die Insel mit all ihren Einzigartigkeiten anzuschauen. Die Betreuung der Schutzgebiete besteht dann natürlich zum Großteil aus Öffentlichkeitsarbeit. Dieser Großteil fällt nun weg und wir müssen zumindest unserer Arbeit eine neue Prägung verpassen. Ich denke, das gelingt ganz gut:

Durch die vielen Arbeiten in der Öffentlichkeit arbeiten wir weniger an der Erhebung wissenschaftlicher Daten. Das ist etwas, das wir nun ausbauen können. Aktuell forscht unser Stationsleiter Elmar Ballstaedt am Thema ‚Basstölpel & Meeresmüll‘ und versucht dabei, mehr über die Problematik der von Plastik kontaminierten Brutkolonie am Lummenfelsen herauszufinden (s.https://www.basstolpel-und-meeresmull.de/).

Nun ist Zeit für uns, auch mal in dieses Projekt reinzuschnuppern und ein wenig bei der Erhebung von Daten oder der Recherche mitzuhelfen. Zudem dürfen wir ein Forschungsprojekt zum Fellwechsel der Kegelrobben unterstützen und auch hier die Feldarbeit übernehmen oder uns verstärkt auf das Suchen von markierten Robben oder beringten Vögeln konzentrieren.

Auch können wir gut Zeit damit verbringen, uns um Dinge zu kümmern, die sonst auf der Strecke blieben, bzw. für die sonst weniger Zeit wäre. Beispielsweise können wir nun unser Führungsmaterial aufarbeiten oder unsere Ausstellung an der ein oder anderen Stelle verbessern.

Zusätzlich können wir uns nun auch um unsere Präsenz im Internet kümmern und z. B. neue Texte für die Homepage vom Verein Jordsand verfassen.

Wenn auch unsere Aufgaben nun nicht mehr in der Öffentlichkeit stattfinden, sind sie zu guten Teilen wohl immer noch für sie. Auch wir verbringen viel Zeit im Home-Office, haben aber das Glück, weiterhin Schutzgebietsbetreuung vor der Tür betreiben zu können.

 

Die spannendste Erfahrung, die in diesen Tagen für uns auf Helgoland jedoch zu machen ist, ist wohl schlicht und einfach, hier zu sein. Einen so lebhaften Ort nun in zurückhaltender und leerer Stille zu erleben, ist etwas wahrlich Besonderes. Es ist ein für uns neues, beinahe in sich widersprüchliches Gefühl zwischen beruhigender Geborgenheit und Beklemmung. Dieser wunderschönen, abgeschiedenen Festung scheint nichts etwas anhaben zu können, dennoch drängt immer wieder die Tatsache ins Bewusstsein, dass es nur 1 km geradeaus geht und denselben wieder zurück. Und daran können wir so schnell nichts verändern.

 

Wie alle Welt versuchen wir das beste aus der Situation zu machen – ich denke, wir sind auf einem guten Weg – und können nur hoffen, dass diese Krise etwas mit den Menschen macht. Dass sie zu sich kommen und reflektieren, was ihr Leben ernsthaft lebenswert macht. Denn dass es nicht Konsum und Besitz ist, ist eine Binsenweisheit, die, so scheint mir, noch nicht zu jedem vorgedrungen ist.

Damit habe ich es einfach, aber ich habe in Helgoland mein Glück im Unglück gefunden und – so schrecklich pathetisch es klingt – vielleicht sollten nun wir alle unser Glück im Unglück suchen.

Harry Kröpp, FÖJler auf Helgoland (im April 2020)

Kontakt

Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e. V.

Bornkampsweg 35

22926 Ahrensburg

Tel.: 04102 32656

Email: info@jordsand.de


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