Die letzten gefiederten Zwerge benötigen Schutz

Ahrensburg, 21.11.2025. Die Zwergseeschwalbe (Sternula albifrons) ist Seevogel des Jahres 2026. Der Verein Jordsand macht mit dieser Wahl auf den immer geringeren Bruterfolg dieser kleinen Seeschwalbenart und den somit stark gefährdeten Bestand in Deutschland aufmerksam.
„Die Zwergseeschwalbe wurde ausgewählt, da sich ihre verbliebenen Brutvorkommen in Deutschland nur noch auf sehr wenige Gebiete an den Küsten von Nord- und Ostsee beschränken und sie dort als typischer Strandbrüter einer Vielzahl von Störungen und Gefahren ausgesetzt ist“, sagt Dr. Steffen Gruber, Geschäftsführer des Vereins Jordsand.
Die Gesamtzahl der Zwergseeschwalben-Brutpaare an den norddeutschen Küsten hat von 2010 bis 2019 durchschnittlich um 33 % abgenommen. Die Rote Liste für Deutschland führt die Zwergseeschwalbe in der Kategorie 1: „vom Aussterben bedroht“.
„Fünf Faktoren sind für den Rückgang der Brutbestandszahlen in Deutschland verantwortlich“, so Steffen Gruber.
Diese sind:
- Verlust geeigneter Brutplätze, auch durch notwendige Küstenschutzmaßnahmen
- Verluste von Gelegen und Jungvögeln durch immer häufigere Sommerhochwässer in Folge des Klimawandels
- Nicht ausreichend ungestörte Strandabschnitte während der Brutzeit (, sodass die Zwergseeschwalben sich nicht ansiedeln bzw. nicht ausreichend Zeit zum Brutgeschäft haben)
- Verschlechterung der ökologischen Leistung / ökologischen Zustände der Meere und der damit einhergehende Einfluss auf z. B. Nahrungsverfügbarkeiten zur Jungenaufzucht
- Plünderung von Eiern und Jungvögeln durch Prädatoren (z. B. Fuchs, Marder, Marderhund, Ratte)
„Aus diesen Punkten lassen sich“, so Steffen Gruber, „Schutzmaßnahmen ableiten, die wir in den von uns betreuten Schutzgebieten bereits umsetzen bzw. angehen“.
- Strandbesucher werden durch Absperrseile und entsprechende Informationsschilder darauf aufmerksam gemacht, bestimmte Strandbereiche nicht zu betreten, um damit Störungen innerhalb von Brut- und Ruhezonen zu vermeiden.
- Mit der Errichtung von Schutzzäunen um Brutkolonien kann die Prädation durch Raubsäuger, wie Steinmarder und Füchse, innerhalb der umzäunten Areale verhindert werden.
- Durch die Betreuung der Bruträume durch Mitarbeiter vor Ort werden Bruterfolg und Störungen dokumentiert und Besucher informiert sowie für den Schutz der Strandbrüter sensibilisiert.
- Das Aufkommen höherer bzw. dichterer Vegetation in den Nistarealen wird durch landschaftspflegerische Maßnahmen außerhalb der Brutzeit reguliert.
„Mit solchen (präventiven) Maßnahmen leistet der Verein Jordsand einen wichtigen Beitrag, um den Bestand der letzten Zwergseeschwalben in Deutschland effektiv zu schützen“, so Steffen Gruber.
Die etwa mauerseglergroße Zwergseeschwalbe ist in unseren Breiten die kleinste Seeschwalbenart. Sie brütet in Deutschland heute fast ausschließlich auf Muschelschillfeldern und Kiessandflächen der Nord- und Ostseeküste, die weitgehend frei von Vegetation sind. Zwergseeschwalben sind also typische Strandbrüter.
Zwergseeschwalben nisten in der Regel in kleinen lockeren Kolonien mit einem Nestabstand von bis zu drei Metern. In einfache Mulden im Sand werden zwei bis drei Eier gelegt und bebrütet. Die Jungen schlüpfen nach 16 bis 23 Tagen und werden mit kleinen Fischchen gefüttert. Ab Anfang August verlassen die Zwergseeschwalben die Brutgebiete in Europa, um ihre Überwinterungsgebiete an den afrikanischen Küsten aufzusuchen.
Seit 2014 kürt der Verein Jordsand jährlich eine Vogelart zum Seevogel des Jahres, die stellvertretend für eine akute Problematik steht, die eine besondere Bedrohung für eine Artengemeinschaft oder einen Lebensraum darstellt.
Seit 117 Jahren verschreibt sich der Verein Jordsand dem Schutz von Seevögeln an unseren Küsten. Er betreut rund 20 Schutzgebiete vorwiegend an Nord- und Ostsee, von Helgoland über das Nordfriesische und Hamburgische Wattenmeer, die Unterelbe, bis zur schleswig-holsteinischen und vorpommerschen Ostseeküste.
Pressekontakt:
Katja Schmela, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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