Tiere und pflanzen im Felswatt

Helgoländer Hummer (homarus Gammarus)

Als mächtigster und größter Krebs der heimischen Gewässer erreicht der Europäische Hummer Längen bis zu 60 cm bei 4 kg Lebendgewicht. In der südlichen Nordsee ist diese Art aufgrund früherer intensiver Befischung und Habitatverlust in den letzten hundert Jahren selten geworden, die einzige beständige Population der hübschen blaugrauen Krebstiere lebt im Helgoländer Felswatt.

Um die lokal stark gefährdete Art in ihrem Bestand zu stützen, begann die zum Alfred-Wegener-Institut (AWI) gehörende Biologische Anstalt auf Helgoland 1999 mit der Aufzucht von Hummerlarven. Nach jeweils einem Jahr Entwicklung werden seitdem alljährlich einige Tausend Junghummer in den Seegebieten über dem Felssockel ausgesetzt. Die erforderliche Expertise und die entsprechende logistische Umsetzung übernimmt dabei mittlerweile mit der Firma Reefauna ein eigener ausgegliederter Fachbereich.

Führungen durch die Hummeraufzuchtstation im Südhafen gewähren interessierten Besuchern faszinierende Einblicke in die wissenschaftliche Aufzuchtarbeit der Experten. Auch wenn diese Eingriffe in die Population den Hummerbestand anscheinend stabilisiert haben, sind Individuen mit Körperlängen über 30 cm im Helgoländer

Felswatt, wie auch im gesamten Verbreitungsgebiet, heute nur noch selten anzutreffen.

 

Taschenkrebs (Cancer pagarus)

Noch weit verbreitet und wohlbekannt ist der ziegelrote Taschenkrebs.

Mit seinen kräftigen schwarzen Scheren ist er ein erfolgreicher Jäger auf Schalentiere und Stachel-häuter, wie zum Beispiel Wellhornschnecken,

Austern und Seeigel, deren stabile Gehäuse er mühelos knacken kann.

Taschenkrebse meiden die gezeitenbestimmten Flachwasserbereiche der Schlickwatten, sie siedeln bevorzugt in Wassertiefen von sechs bis einigen Dutzend Metern und im Atlantik teilweise in noch größeren Tiefen. Das gesamte Verbreitungsgebiet

dieser Art reicht von der norwegischen Fjordküste nördlich des Polarkreises entlang der Nordseeküsten in den Süden bis an die atlantischen Küsten in Portugal und Marokko. In der Nordsee wird der Taschenkrebs als einzige

Krabbenart noch in großem Maßstab befischt, auf Helgoland gelten die Scheren der Tiere als sogenannte „Knieper“ als Delikatesse. Trotz seiner relativ weiten Verbreitung bedarf dieser elegante nächtliche Jäger des Felswattes im Sinne einer nachhaltigen Fischerei besonderen Schutzes. Entsprechende beschränkende

Fangquoten sind zum Beispiel in Norwegen und Großbritannien bereits eingeführt worden.

 

Seestern (Asteria Rubens)

Der Seestern ist ein weit verbreiteter Alleskönner und nicht im Besonderen auf die felsigen Watten im Helgoländer Seegebiet angewiesen.

Gleichwohl gehört dieser sonderbare Räuber zu den häufig anzutreffenden Organismen der hiesigen Unterwasserwelt und ist durch sein fünfstrahliges

Äußeres und seine leuchtende Farbe wohlbekannt. Seesterne gehören, wie auch Seeigel, zum Tierstamm der Stachelhäuter und besitzen einen grundlegend abweichenden Körperbau im Vergleich zu den meisten anderen Bewohnern des Felswattes:

ohne Kopf und Schwanz, dafür mit fünf augen-ähnlichen Sinnesorganen an den Spitzen der fünf Arme ausgestattet, gibt es beim Seestern keine Vorder- oder Hinterseite, sondern nur oben und unten. Der Magen der Tiere kann durch eine Mundöffnung auf der Unterseite nach außen gestülpt und durch den Schalenspalt erbeuteter Muscheln geschoben werden, um diese zu verdauen. Mithilfe einer Vielzahl winziger Saugfüße auf der Unterseite bewegt sich der Seestern bedächtig, aber unaufhaltsam über die verschiedenen Oberflächen seines Lebensraumes. Seesterne sind meisterhaft darin, sich an verändernde Situationen in ihrer Umwelt anzupassen: während winterlicher Nahrungsknappheit können die Tiere zusammenschrumpfen, um so ihren Stoffwechsel an die verringerte Energieversorgung anzupassen. Wenn ein Arm abgerissen oder verloren wird, so wächst an seiner Basis an neues Organ zur selben Größe heran.

 

Strandseeigel (Psammechinus Miliaris)

In der deutschen Nordsee und auch auf dem Helgoländer Felssockel gehört der Kleine Strandseeigel neben dem Gewöhnlichen Seestern (Asteria rubens) zu den häufigen Vertretern aus dem urtümlichen Stamm der Stachelhäuter. Analog zu vielen Schnecken- und allen Muschelarten bilden

Seeigel ein Exoskelett aus enzymatisch aus Meerwasser ausgefälltem Kalk. Beim Strandseeigel besteht das Kuppelgehäuse aus einer Vielzahl mehrschichtig ineinander verwachsener dünner Calciumplatten, die dem Organismus eine außer- ordentliche Stabilität verleihen.

Die Tiere sind genügsame Allesfresser, die Algenteppiche und Seegraswiesen beweiden und felsigen Untergrund nach kleinen Wirbellosen absuchen. Aufgrund seiner filigranen Bauweise und geometrischen fünfstrahligen Struktur wird der Kieferapparat der Seeigel in Anlehnung an den griechischen Naturforscher und Philosophen „Laterne des Aristoteles“ genannt. Bei angespülten Schalengehäusen fehlt dieses Beißwerkzeug in der Regel, sodass an der abgeflachten Unterseite des Kalkskeletts eine große Öffnung den Blick auf die Innenseite freigibt.

 

Wellhornschnecke (Buccinum undatum)

Mit ihrem großen, grazil verdrehten, dennoch harten und stabilen Gehäuse gehört die Wellhornschnecke zu den auffälligen und wohl bekanntesten Meeres-schnecken der mitteleuropäischen Küsten.

Sie ernährt sich räuberisch und von Aas, welches mithilfe einer Raspelzunge an der Spitze des

Rüsselorgans vollständig aufgefressen wird. Als anspruchsloser Allrounder, der sich sowohl auf Sand- und Schlickflächen, als auch an harten Felsböden zuhause fühlt, war die Wellhornschnecke bis vor wenigen Jahrzehnten am Atlantik, sowie in nördlicher - und westlicher Ostsee weit verbreitet und häufig in allen Tiefen zwischen der oberen Dauerflutzone und dem Kontinentalhang anzutreffen.

In den 1990er Jahren erbrachte die Erforschung der benthischen Lebensgemeinschaften in den küstennahen Wattengebieten der südlichen Nordsee allerdings einen massiven Einbruch der Bestände. Als Ursache konnte die Belastung der Gewässer mit dem Umweltgift Tributylzinn (TBT), einem für Schiffsanstriche genutztem Werkstoff, ausgemacht werden. Schon eine vergleichsweise geringe Konzentration dieses Biozids löst hormonelle Mutationen bei weiblichen Wellhorn-schnecken aus. In der Folge sind diese Tiere nicht mehr zeugungsfähig und der Bestand kann sich nicht weiter vermehren. Regional und dabei besonders in Seegebieten in unmittelbarer Nähe der vielbefahrenen Schifffahrtstraßen zwischen der niederländischen Küste und der Deutschen Bucht ist die Wellhornschnecke seit Anfang der 1990er Jahre offenbar ausgestorben.

Die angespülten Schalen an den Stränden der Helgoländer Düne stammen daher vermutlich auch zum überwiegenden Teil von älteren Tieren und nicht mehr von rezenten Organismen.

 

Pazifische Auster (Crassostrea gigas)

Die Pazifische Auster ist erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts durch den Menschen nach Europa gelangt

und sollte ursprünglich als Zuchtauster die massiv überfischten und dadurch zusammengeschrumpften Bestände der Europäischen Auster (Ostrea edulis) wirtschaftlich kompensieren.

Entgegen früherer Vermutungen vermehrten sich die Muscheln im europäischen Meeresklima sehr erfolgreich und konnten auch durchschnittliche Winter gut überstehen, so dass in den 1980er Jahren eine natürliche Ausbreitung über die Zuchtmuschelbänke hinaus begann.

Mittlerweile ist die Pazifische Auster in der südlichen Nordsee weit verbreitet und aufgrund ihres schnellen Wachstums, der sehr harten und dicken Schale und dem weitgehenden Fehlen natürlicher Fressfeinde zu einer problematischen invasiven Art geworden. Auch auf Helgoland kann sie inzwischen bei Niedrigwasser beispielweise an den Wänden des Dünenhafens in dichten Beständen angetroffen werden.

Mit ihren robusten, scharfkantigen und insgesamt sehr viel kräftigeren Schalenklappen ist die Pazifische Auster leicht von ihrem europäischen Verwandten zu unterscheiden, deren Schalen häufig an die Strände von Insel und

Düne angespült werden. Eine Wiederansiedelungsstrategie unter dem Schirm des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), stimmt eine Reihe zusammenwirkender Wiederherstellungs- und Aufbauprojekte auf eine nachhaltige Rückkehr der heimischen Europäischen Auster in die Nordsee ab.

 

Palmentang (Laminaria hyperborea)

In der Gruppe der Braunalgen gehört der Palmentang zu den eindrucksvollsten Erscheinungen auf dem Helgoländer Felssockel. Bei einer Gesamtlänge bis zu drei Metern erinnert der Aufbau der Wasserpflanze mit dem langen, geraden Stängel und dem mächtigen Blattorgan tatsächlich an ein Palmengewächs.

Das seinerseits mit maximal 150 cm Länge gigantische Algenblatt, das sogenannte Phylloid,

wächst jedes Jahr zu Beginn der Vegetationsperiode im Frühling an der Basis des Vorgängers neu heran und erreicht nach wenigen Wochen dessen Größe. Die alten Blätter der Palmtanggewächse werden bei starkem Wellengang abgerissen und an die Strände von Insel und Düne gespült. Nach Stürmen bilden sich häufig ausgedehnte Spülsäume aus Braunalgenfragmenten aller Arten, die aus einzelnen Blattorganen, Stängeln, aber auch kompletten Algenpflanzen bestehen.

Diese angespülten Tangfelder bieten den perfekten Lebensraum für Seetangfliegen (Coelopidae Spp.). Deren Larven, Puppen und die adulten Insekten wiederum bieten einer Vielzahl rastender Vögel eine proteinreiche Nahrungsgrundlage.

 

Fingertang (Laminaria digitata)

Ähnlich dem nah verwandten Palmentang (Laminaria hyperborea) besiedelt der bis zu zwei Meter lange Fingertang

Felsgründe am Rande und unterhalb der gezeitenbeeinflussten Zone. Damit entgehen die Bestände längeren Trockenphasen und werden nur bei extremem Niedrigwasser großflächig freigelegt.

Ein gutes Bestimmungsmerkmal, um die beiden großen

Laminaria-Braunalgen im Spülsaum zu unterscheiden, ist die Beschaffenheit und Elastizität des Stiels: während der Stiel des Fingertangs glatt, im Schnitt oval und biegsam ist, knickt der festere, runde und angeraute Stiel des Palmentangs unter Druck ein.

Der Fingertang ist, als eine nordatlantisch an Felsenküsten weit verbreitete Art, eine wirtschaftlich bedeutende Nutzpflanze,

die für die Gewinnung von Alginaten (Salze der algeneigenen Säuren) zum Beispiel in der Bretagne kultiviert wird.

 

Knotentang (Ascophyllum nodosum)

Als ein wahrer Spezialist für den Lebensraum felsiger Küsten im Gezeitenbereich ist der Knotentang in der südlichen Nordsee nahezu ausschließlich im Helgoländer Seegebiet heimisch und gehört hier zu den bestandsbildenden Braunalgen-Arten.

Inmitten verwandter Blasen-, Säge- und Spiraltange wächst die im Nordatlantik weit verbreitete Algenart auf dem steinigen Substrat des Felsswatts in der gezeitenbeeinflussten Zone. Kräftige, dickwandige Gasblasen, die in der Mitte der Stängelachse sitzen, geben dem Tanggewächs Auftrieb, sodass die Pflanze bei Flut dicht unter der Wasseroberfläche die maximale Sonnenenergie zur Photosynthese nutzen kann. Bei Niedrigwasser liegen die

Tangwälder wie ein ausgebreiteter Schleier auf dem trockenen Felsplateau.

Wenn bei Stürmen Planzenteile abgerissen oder auch komplette Tanggewächse vom Felssubstrat losgespült werden, können die Triebe des Knotentanges aufgrund der Schwimmblasen hunderte Kilometer weit über das Meer treiben, bevor sie im Spülsaum der Küsten angeschwemmt werden. Beim Trocknen an der Luft verfärbt

sich die grüne Wasserpflanze schwarz, wird spröde und hart. Die äußerst stabilen Gasblasen des Knotentanges sind übrigens mit menschlicher Körperkraft kaum zu knacken. Auf Helgoland nutzen klippenbrütende Meeresvögel wie der Basstölpel treibende Algenteppiche aus abgerissenen Pflanzenteilen für den Nestbau.

 

Kontakt

Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e. V.

Bornkampsweg 35

22926 Ahrensburg

Tel.: 04102 32656

Email: info@jordsand.de


Spendenkonto Sparkasse Holstein

Kontonr.: 90020670

BLZ: 21352240

IBAN: DE94 2135 2240 0090 0206 70

BIC: NOLADE21HOL

Spendenkonto Postbank Hamburg

Kontonr: 003678207

BLZ: 20010020

IBAN: DE84 2001 0020 0003 6782 07

BIC: PBNKDEFFXXX